Lohnt es sich, Bio-Lebensmittel zu kaufen?

Es wurde schon viel darüber diskutiert, ob biologische Lebensmittel Vorteile gegenüber konventionellen Produkten haben. Aber was hat die Wissenschaft eigentlich darüber herausgefunden? Lohnt es sich Bio-Lebensmittel zu kaufen?

Also, lass uns zuerst klar stellen, was „biologisch“ bedeutet. Damit Lebensmittel als „biologisch“ bezeichnet werden können, dürfen die Felder und Pflanzen nicht mit synthetischen Chemikalien und bestimmten Mineraldüngern besprüht werden und auch Hormone, Antibiotika, Gentechnik und Bestrahlung sind verboten [1]. Stattdessen dürfen biologische Düngemittel (wie Mist und Kompost) verwenden werden. Man macht Fruchtfolgen mit Hülsenfrüchte in Rotation (um den Stickstoffgehalt im Boden zu erhöhen) und wendet nicht chemische Pflanzenschutzmethoden an (z. B. Fruchtfolge, resistentere Sorten, mechanische Unkrautbekämpfung wie auch Abflammen von Unkräutern und biologische Krankheits- und Schädlingsbekämpfung). Für den biologischen Viehbestand ist der routinemässige Einsatz von Antibiotika oder Wachstumshormonen nicht erlaubt und die Tiere sollten Zugang zum Freien haben [1].

Hier möchte ich auf diese drei Fragen eingehen:

  1. Nährstoffgehalt von biologischen gegenüber konventionellen Lebensmitteln
  2. Toxische Belastung von biologischen gegenüber konventionellen Lebensmitteln
  3. Umweltauswirkungen von biologischen gegenüber konventionellen Lebensmitteln

 

Nährstoffgehalt

Eine 2012 veröffentlichte Studie überprüfte 55 Studien und fand keinen signifikanten Unterschied in der Nährstoffqualität zwischen biologischen und konventionellen Produkten [2]. Eine weitere Studie, die im selben Jahr veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass Bio-Lebensmittel nicht nahrhafter sind als herkömmliche [3]. Interessanterweise stellten sie jedoch fest, dass der Verzehr von Bio-Lebensmitteln die Exposition gegenüber antibiotikaresistenten Bakterien und Pestizidrückständen verringern kann (mehr dazu weiter unten). Andere Forscher fanden heraus, dass die Kontamination von Pflanzen mit dem Bakterium Salmonella enterica bei konventionell angebauten Pflanzen viel wahrscheinlicher ist als bei bologischen Pflanzen [4].

2014 wurde eine grosse Studie im British Journal of Nutrition veröffentlicht. Die Forscher untersuchten 343 wissenschaftliche Publikationen, in denen biologische und nicht-biologische Lebensmittel untersucht wurden. Sie fanden heraus, dass verschiedene Arten von Antioxidantien, wie Polyphenole, in biologischen Pflanzen wesentlich höher waren als in herkömmlichen Lebensmitteln [5]. Für einige Arten von Antioxidantien war der Gehalt in Bio-Lebensmitteln fast 70% höher als in herkömmlichen Lebensmitteln! Freie Radikale werden ständig in unserem Körper gebildet und können im Übermass zu entzündlichen Prozessen und chronischen Krankheiten führen. Antioxidantien können freie Radikale neutralisieren und daher ist ihre Präsenz in unserem Körper unerlässlich. In der Tat wurde eine höhere Zufuhr von Antioxidantien aus Nahrungsmitteln (keine Nahrungsergänzung!) mit einem verminderten Risiko für viele Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerative Erkrankungen und Krebs in Verbindung gebracht [6, 7]. Die Tatsache, dass Bio-Lebensmittel einen viel höheren Gehalt an Antioxidantien haben, als herkömmliche Lebensmittel, ist für mich ein wichtiger Grund, sich für Bio-Lebensmittel zu entscheiden, auch wenn der Nährwert vergleichbar ist.

 

Toxische Belastung

Die gleiche Studie analysierte auch den Unterschied zwischen Pestizidrückständen in biologischen und konventionellen Lebensmitteln. Man fand heraus, dass das Vorkommen von Pestizidrückständen in konventionellen Kulturen 4-mal höher (!!!) war und diese auch höhere Konzentrationen des giftigen Schwermetalls Cadmium enthielten [5].

Pestizide werden seit vielen Jahren als wahrscheinliche Karzinogene eingestuft. Es ist bekannt, dass Menschen in Gebieten mit hohem Pestizideinsatz (oder natürlich Bauern) ein erhöhtes Risiko für alle Krebsarten [8] sowie für andere Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Geburtsschäden, Fortpflanzungsstörungen, Diabetes, Atemprobleme wie Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunkrankheiten usw. haben [9]. Dies liegt daran, dass Pestizide unter anderem genetische Schäden, epigenetische Veränderungen, endokrine Störungen, mitochondriale Dysfunktion, und oxidativen Stress verursachen [9].

Ich sollte jedoch erwähnen, dass die langfristige Exposition gegenüber Pestiziden, wenn man in der Nähe konventionell bearbeiteter landwirtschaftlicher Felder lebt, anders ist als der Verzehr von Gemüse und Obst mit Pestiziden. In Bezug auf das Krebsrisiko scheint es, dass die Vorteile des Verzehrs von mehr Obst und Gemüse pro Tag, ob biologisch oder nicht-biologisch grösser sind, als die Risiken, die entstehen, wenn nicht genügend Gemüse und Früchte konsumiert werden [10].

Der Verzehr von Bio-Lebensmitteln scheint in der Schwangerschaft und Kindheit besonders wichtig zu sein. So fand eine Studie mit 28.192 Frauen heraus, dass der Verzehr von Bio-Gemüse mit einem reduzierten Risiko für Präeklampsie (Bluthochdruck und Protein im Urin während der Schwangerschaft) assoziiert war [11]. Die Autoren vermuten, dass dies auf eine geringere Pestizidbelastung und einen höheren Gehalt an Antioxidantien in der Nahrung sowie auf eine andere Zusammensetzung der Darmmflora zurückzuführen sein könnte. Bei Kindern, die eine höhere Konzentration von Pestiziden aus der Klasse der Organophosphate im Urin haben, ist die Wahrscheinlichkeit, mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert zu werden, doppelt so hoch wie bei Kindern mit nicht nachweisbaren Mengen dieser Pestizide [12]. In der Tat haben mehrere Studien gezeigt, dass pränatale und kindliche Exposition gegenüber dieser Art von Pestiziden neurotoxisch ist (d.h. giftig für das Gehirn), was Verhaltensstörungen und kognitive Defizite bei Säuglingen und Kindern hervorruft [13, 14]. In Studien wurde auch ein Zusammenhang zwischen beruflicher Pestizidbelastung der Mütter während der Schwangerschaft und Leukämie im Kindesalter festgestellt [15].

Aber es gibt gute Nachrichten! Eine Bio-Diät kann die Exposition von Kindern gegenüber Pestiziden signifikant verringern [16] (zumindest bei denjenigen, die nicht in der Nähe konventionell besprühter Felder leben). In einer anderen Studie wurde gezeigt, dass nur 5 Tage mit einer Bio-Diät ausreichen, um die Konzentration von Pestiziden auf fast nicht nachweisbare Mengen bei Kindern in städtischen Umgebungen zu reduzieren [17] (obwohl dort auch andere Verschmutzungsprobleme bestehen). Bei Erwachsenen zeigte sich, dass nur 1 Woche Bio-Diät die Pestizidbelastung reduzierte [18].

 

Umweltbelastung

Für unsere Umwelt ist der Bio- Landbau auch viel nachhaltiger als die konventionelle Landwirtschaft. Zudem fördert die Bio- Viehzucht eine artgerechte, mitfühlende Haltung von Tieren. Heutzutage werden Pestizide als einer der Hauptfaktoren für die Umweltverschmutzung in der Welt angesehen – sie belasten den Boden, das Trinkwasser, die Oberflächengewässer wie Seen und Flüsse 19]. Darüber hinaus verfügen Biobetriebe über vielfältigere Ökosysteme als konventionelle Betriebe wie Pflanzen, Insekten und Tiere. Ausserdem verbrauchen Bio-Betriebe weniger Energie und produzieren weniger Abfall [1]. Und obwohl einige Leute glauben, dass der biologische Landbau nicht genug Nahrung produziert, um die Weltbevölkerung zu ernähren, ist das nicht wahr. Eine Meta Studie die 292 Studien untersuchte, kam zu dem Schluss, dass der ökologische Landbau genügend Nahrung produzieren könnte, um die derzeitige menschliche Bevölkerung und möglicherweise eine noch grössere Population zu ernähren, ohne die landwirtschaftliche Bodenfläche zu erhöhen [20]. Die gleiche Studie zeigte auch, dass Hülsenfrüchte genug Stickstoff fixieren können, um die Menge der derzeit verwendeten synthetischen Düngemittel zu ersetzen. So schlossen sie:

„Diese Ergebnisse zeigen, dass der biologische Landbau das Potenzial hat, einen wesentlichen Beitrag zur weltweiten Nahrungsmittelversorgung zu leisten und gleichzeitig die negativen Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft auf die Umwelt zu verringern.“

Wähle Bio

Also, lohnt es sich, Bio-Lebensmittel zu kaufen? Wenn du deine Aufnahme an Antioxidantien erhöhen und gleichzeitig die Aufnahme von Pestiziden und Schwermetallen minimieren, zu einer saubereren Umwelt und zu gesünderen zukünftigen Generationen beitragen möchtest, dann ist es das wirklich wert !! Vergiss auch nicht, dass alles, was du kaufst, eine Stimme ist! Bio-Lebensmittel sind teurer als herkömmliche? Ja, das sind sie immer noch, aber denk daran, dass herkömmliche Lebensmittel einen sehr hohen Preis haben, den du nicht direkt siehst, wenn du ein Produkt kaufst. Dieser hohe Preis schliesst die Verschmutzung unserer Umwelt ein, einschliesslich unserer Boden- und Wasservorräte (weil die Pestizide unweigerlich im Wasser landen), höhere Raten chronischer Krankheiten, die sich wiederum auf die Kosten unseres Gesundheitssystems usw. auswirken.

Also mein Tipp: wenn möglich, kauf Bio-Gemüse, Obst, Nüsse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte und vermeide den Kauf von Produkten wie Kekse, Chips, Süssigkeiten, etc. … du wirst sehen, dass wenn du mehr „echtes Essen“ kaufst und nicht so viel von den stark verarbeiteten Produkten, wirst du am Ende das gleiche ausgeben. Und wenn du darüber hinaus deine tierische Nahrungsaufnahme reduzierst, wie Fleisch und verarbeitete Fleischwaren (z.B. Schinken), und dafür mehr Hülsenfrüchte (Bohnen, Kichererbsen, Linsen, Erbsen) isst, sparst du sogar Geld. Fleisch und andere Nahrungsmittel aus tierischem Quellen sind sowieso teurer als pflanzliche Nahrungsmittel und die Wahrheit ist, dass die Mehrheit von uns heutzutage zu viel tierische Produkte isst. Mittlerweile ist es normal, diese Lebensmittel 3 Mal am Tag zu essen, was ein grosses Problem in Bezug auf Gesundheit und Nachhaltigkeit darstellt (aber ich werde über dieses Thema in einem zukünftigen Blog-Artikel schreiben). Also, wenn du dich entscheidest, Lebensmittel tierischen Ursprungs zu essen, versuche immer biologische Produkte zu kaufen, dafür weniger davon zu essen und stattdessen öfter Hülsenfrüchte zu wählen.

Jetzt ein kleiner, aber sehr wichtiger Hinweis: Nicht alle Bio-Lebensmittel sind gesund! Und warum nicht?

 

Warum nicht alle als biologisch bezeichneten Lebensmittel gesund sind

Nicht alle Produkte, die als „Bio“ gekennzeichnet sind, sind gesund. Das ist wirklich wichtig zu verstehen. In den Geschäften findest du alle Arten von „biologischen“ Bonbons, Kuchen, Pralinen, Chips, Würstchen, etc. … zusammenfassend, alle Arten von ungesunden Lebensmitteln, die mit „Bio“ gekennzeichnet sind. Das Etikett „Bio“ bedeutet nur, dass die ursprünglichen Lebensmittel, die für die Herstellung dieser Produkte verwendet wurden, aus biologischem Anbau stammen, aber sie sind so verarbeitet und genau so ungesund wie die herkömmlichen! Es spielt keine Rolle, dass der raffinierte Zucker biologisch angebaut wurde, dass die raffinierten Öle aus biologisch angebauten Sonnenblumen (oder anderen Pflanzen) gewonnen wurden, dass die Kartoffeln, aus denen Chips gemacht wurden, biologisch angebaut wurden, etc. Sie sind immer noch super ungesund! ! Bio Junk Food ist immer noch Junk Food !! Es ist eine sehr intelligente Marketingstrategie, um die Leute dazu zu bringen, mehr von diesen Produkten zu kaufen. Lass dich nicht täuschen und lass dich nicht von der Attraktivität einer Verpackung beeindrucken, nur weil „Bio“ in grossen Buchstaben darauf steht! Kaufe nur Lebensmittel, die:

– keine Verpackung brauchen – gemeint sind Früchte, Gemüse, Nüsse (möglichst mit der Schale), Vollkorngetreide, Bohnen und andere Hülsenfrüchte
– Bei allem was in einem Paket kommt – überprüfe immer die Zutatenliste, egal ob es sich um ein Bio-Produkt   handelt oder nicht!

 

Das Wichtigste in Kürze

Also um diesen Artikel zusammenzufassen:

– Bio-Lebensmittel haben einen viel höheren Gehalt an Antioxidantien als konventionell angebaute Lebensmittel.

– Bio-Lebensmittel enthalten viel weniger giftige Pestizide und Schwermetalle wie Cadmium als konventionell hergestellte Lebensmittel.

– Der Konsum von Bio-Lebensmitteln kann die Exposition gegenüber Antibiotika-resistenten Bakterien verringern.

– Pestizide verschmutzen unsere Umwelt und tragen zur Zunahme chronischer Krankheiten bei, vor allem bei Menschen, die diesen Stoffen chronisch ausgesetzt sind.

– Der ökologische Landbau ist viel nachhaltiger als der konventionelle Anbau.

– Ein Lebensmittel, das mit Bio gekennzeichnet ist, bedeutet nicht unbedingt, dass es gesund ist. Ein Gemüse oder Obst oder ein anderes „echtes“ Nahrungsmittel, das aus der Natur stammt (und das im Allgemeinen keine Packung benötigt), das als biologisch gekennzeichnet ist, ist gesund. Junk Food in Packungen und etikettiert mit Bio (wie Bio-Zucker, Bio-Bonbons, Pralinen, Chips, etc.) sind nicht gesund!

 

Ich freue mich, deine Meinung zu diesem Thema im Kommentarbereich zu lesen!

Lebe gesund und bewusst,

Ana Coito, PhD

 

Referenzen

  1.           Forman, J., et al., Organic foods: health and environmental advantages and disadvantages. Pediatrics, 2012. 130(5): p. e1406-15.
  2.           Dangour, A.D., et al., Nutritional quality of organic foods: a systematic review. Am J Clin Nutr, 2009. 90(3): p. 680-5.
  3.           Smith-Spangler, C., et al., Are organic foods safer or healthier than conventional alternatives?: a systematic review. Ann Intern Med, 2012. 157(5): p. 348-66.
  4.           Gu, G., et al., Organically managed soils reduce internal colonization of tomato plants by Salmonella enterica serovar Typhimurium. Phytopathology, 2013. 103(4): p. 381-8.
  5.           Baranski, M., et al., Higher antioxidant and lower cadmium concentrations and lower incidence of pesticide residues in organically grown crops: a systematic literature review and meta-analyses. Br J Nutr, 2014. 112(5): p. 794-811.
  6.           Del Rio, D., et al., Dietary (poly)phenolics in human health: structures, bioavailability, and evidence of protective effects against chronic diseases. Antioxid Redox Signal, 2013. 18(14): p. 1818-92.
  7.           Wahlqvist, M.L., Antioxidant relevance to human health. Asia Pac J Clin Nutr, 2013. 22(2): p. 171-6.
  8.           Parron, T., et al., Environmental exposure to pesticides and cancer risk in multiple human organ systems. Toxicol Lett, 2014. 230(2): p. 157-65.
  9.           Mostafalou, S. and M. Abdollahi, Pesticides and human chronic diseases: evidences, mechanisms, and perspectives. Toxicol Appl Pharmacol, 2013. 268(2): p. 157-77.
  10.         Reiss, R., et al., Estimation of cancer risks and benefits associated with a potential increased consumption of fruits and vegetables. Food Chem Toxicol, 2012. 50(12): p. 4421-7.
  11.         Torjusen, H., et al., Reduced risk of pre-eclampsia with organic vegetable consumption: results from the prospective Norwegian Mother and Child Cohort Study. BMJ Open, 2014. 4(9): p. e006143.
  12.         Bouchard, M.F., et al., Attention-deficit/hyperactivity disorder and urinary metabolites of organophosphate pesticides. Pediatrics, 2010. 125(6): p. e1270-7.
  13.         Munoz-Quezada, M.T., et al., Neurodevelopmental effects in children associated with exposure to organophosphate pesticides: a systematic review. Neurotoxicology, 2013. 39: p. 158-68.
  14.         Jurewicz, J., K. Polanska, and W. Hanke, Chemical exposure early in life and the neurodevelopment of children–an overview of current epidemiological evidence. Ann Agric Environ Med, 2013. 20(3): p. 465-86.
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  20.         Badgley, C., et al., Organic agriculture and the global food supply. Renewable Agriculture and Food Systems, 2007. 2(2): p. 86-108.

 

 

 

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