Einführung in die nachhaltige Landwirtschaft

Kernpunkte

  • Die landwirtschaftliche Produktion und Effizienz sind seit 1940 aufgrund neuer Methoden und Inputs stark gestiegen, haben aber auch neue Umweltprobleme geschaffen.
  • Permakultur und Agrarökologie versuchen, nachhaltige Wege der Nahrungsmittelproduktion zu entwickeln, indem sie ökologische Prinzipien anwenden und Kreisläufe schliessen.
  • Es bestehen nachhaltigere Praktiken, um die Erosion zu reduzieren, die Pflanzenkulturen vor Krankheiten zu schützen und die Fruchtbarkeit der Felder zu erhalten, dennoch besteht weiterhin Forschungsbedarf.

 

Neben Luft und Wasser gehört Nahrung zu den wichtigen Lebensgrundlagen für uns Menschen. Deshalb sind die Produktion und der Zugang zur Nahrung von besonderer Wichtigkeit. In der heutigen Zeit wird die meiste Nahrung aus Pflanzen und Tieren in landwirtschaftlichen Systemen produziert. Die Entwicklung von Düngern und Pestiziden, sowie Fortschritte in der Züchtung haben seit 1940 zu einer enormen Zunahme der landwirtschaftlichen Produktion und Effizienz geführt. Die erhöhte Effizienz hat in reicheren Ländern zu einer Zunahme der Betriebsgrösse geführt [1], global gesehen wird aber immer noch 70% der Nahrung von Kleinbauern produziert  [2]. Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung lässt sich auch eine Abnahme der Produktediversität feststellen. Mehr als 40% der verzehrten Kalorien weltweit stammen nämlich von gerade mal drei Pflanzenspezies – Weizen, Reis und Mais [3]. Die Ausbeute pro Hektar dieser drei Nutzpflanzen hat sich von 1940-2000 ungefähr verdoppelt, was auf bessere Sorten, Agrartechnik, den erhöhten Gebrauch von Düngern und Pestiziden sowie Bewässerung zurückgeführt werden kann [4]. Diese Zuwächse sind wahrlich spektakulär, leider haben aber einige der Produktionsmittel und -techniken auch negative Auswirkungen: Verschmutzung von Boden, Luft und Gewässern durch den Gebrauch von Düngern und Pestiziden, Bodenverdichtung und -erosion und Verlust an Biodiversität um nur die wichtigsten zu erwähnen. Glücklicherweise werden sich immer mehr Menschen dieser Zusammenhänge bewusst und das Interesse an nachhaltiger Landwirtschaft steigt.

Permakultur und Agrarökologie

Meine Motivation mich für Agrarwissenschaften zu interessieren hat mit der Permakultur begonnen. Der Begriff Permakultur wurde 1978 von Bill Mollison und David Holmgren kreiert und ist eine Verkürzung der Wörter “permanent agriculture”, was einer Landwirtschaft die auf nachhaltigen Ansätzen beruht und so dauerhaft funktioniert entspricht. Die Idee der Nachhaltigkeit in der Permakultur geht aber über die Produktion von Lebensmitteln hinaus und betrifft auch menschliches Wohlbefinden und die Gesellschaft. Die drei ethischen Grundsätze der Permakultur lauten [5]:

  • Sorge für die Erde
  • Sorge für die Menschen
  • Gerechtes Teilen und Einschränkung (Konsum)

 

Permakultur wird manchmal auch als ein Designprozess beschrieben bei dem es darum geht Systeme zu entwerfen bei denen möglichst viele Zyklen geschlossen sind. Das bedeutet, dass anfallende “Abfallprodukte”, wenn immer möglich an einer anderen Stelle wieder eingesetzt und somit rezykliert werden. Ein anderes Konzept, beschrieben mit dem Begriff – Agrarökologie – ist der Permakultur in einigen Teilen sehr ähnlich. Bei der Agrarökologie geht es darum Prinzipien der Ökologie in der Landwirtschaft anzuwenden. Sowohl bei der Permakultur, wie auch der Agrarökologie werden Ansätze entwickelt und angewendet, die zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beitragen können. In den nächsten Abschnitten werde ich eine Reihe dieser Ansätze der nachhaltigen Landwirtschaft beschreiben und erklären, wie damit negative Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft abgeschwächt oder verhindert werden können.

Nachhaltige Landwirtschaft

Reduktion der Erosion

Erosion ist der Verlust des Bodens und ein grosses Risiko für die zukünftige landwirtschaftliche Produktion. Faktoren, die die Bodenerosion beschleunigen, beinhalten:

  • die Bodenverdichtung (z.B. durch schwere Maschinen, die den darunter liegenden Boden verdichten, wobei die Luft aus den Poren zwischen den Bodenkörnern verdrängt wird, was die Fähigkeit das Wasser zu halten vermindert)
  • nackter Boden (Boden, der nicht von Pflanzen oder Mulch bedeckt ist)
  • Abnahme des Bodenlebens (z.B. Reduktion von Regenwürmern, die Gänge im Boden hinterlassen, durch welche das Wasser gut fliessen kann).

 

Bei der nachhaltigen Landwirtschaft ist eine Methode die Direktsaat. Dabei werden die Samen direkt in ein bewachsenes Feld gesät, ohne es zuerst zu pflügen. Ein Ziel dieser Praxis ist es, den Boden jederzeit bedeckt zu halten. Die Direktsaat reduziert die Bodenverdichtung, da die schweren Maschinen weniger häufig über das Feld fahren müssen. Darüber hinaus fördert das Auslassen des Pflügens das Bodenleben, da das zerbrechliche Ökosystem des Bodens nicht zerschnitten und auf den Kopf gestellt wird.

Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist das Verlangsamen des Wasserflusses bei Regenfällen, welche Erosion begünstigen, und eine verbesserte Wasserspeicherfähigkeit. Allerdings gibt es auch einige Herausforderungen bei der Direktsaat, zum Beispiel kann es schwieriger sein, die Pflanzengesundheit zu erhalten. Mehr Details zur Direktsaat werde ich in einem späteren Artikel geben.

Pflanzengesundheit

In der konventionellen Landwirtschaft ist die Verwendung von chemischen Pestiziden üblich. Herbizide unterdrücken das Wachstum von unerwünschten Pflanzen wie Unkraut. Fungizide und Insektizide helfen, Pflanzen vor Krankheiten zu schützen und so Verluste zu vermeiden. Allerdings können diese Produkte auch schädlich für die Natur sein und us sein, da sie mit Krebs und chronischen Krankheiten in Zusammenhang gebracht worden sind [6]. Die Verwendung von Pestiziden sollte daher insgesamt reduziert oder vermieden werden. Eine einfache, nachhaltige Praxis zur Verbesserung der Pflanzengesundheit ist die Fruchtfolge, sprich das Pflanzen von verschiedenen Nutzpflanzen in zeitlicher Abfolge auf einem Feld. Diese Methode kann gegen bodenbürtige Pathogene wirksam sein, da unterschiedliche Pflanzenarten unterschiedlich fest anfällig gegenüber bestimmten Pathogenen sind. In Monokulturen, wo Jahr für Jahr Weizen angebaut wird, können bestimmte Pilzsporen leicht Krankheiten verursachen. Wenn jedoch andere Kulturen (z.B. Sojabohnen, Luzerne) zwischen den Weizenkulturen eingeführt werden, nimmt das Risiko für die nächsten Weizenkulturen ab.

Eine weitere nachhaltige Strategie zum Schutz von Kulturen ist die Anwendung von biologischer Schädlingsbekämpfung. Diese erstreckt sich von der Einführung von nützlichen Insekten, über die Anwendung mikrobieller Präparate bis hin zur Manipulation des Ökosystems, um von natürlichen Kontrollmechanismen zu profitieren. Das berühmte Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) wird zum Beispiel erfolgreich verwendet, um Getreide vor Insektenschäden zu schützen [7].
Noch ein anderer Ansatz zur Verbesserung der Pflanzengesundheit auf nachhaltige Weise konzentriert sich auf die gleichzeitige Pflanzung von verschiedenen Kulturen auf dem gleichen Gebiet, genannt Intercropping oder Mischkultur. Dadurch lässt sich die Konkurrenz durch Unrkäuter reduzieren [8]. Eine verbreitete Nutzpflanzenkombination für Intercropping umfasst Mais und Bohnen. Durch die unterschiedlichen Nährstoffanforderungen dieser Pflanzen und die erhöhte Bodenbedeckung haben konkurrierende Unkrautpflanzen weniger Nährstoff- und Lichtressourcen. Intercropping kann auch noch andere Vorteile bieten, wie wir unten im Abschnitt zur Düngung sehen werden.

Düngung

Während ein grosser Teil der landwirtschaftlichen Produkte aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff bestehen, die in der Luft und im Wasser vorhanden sind, stammen viele Nährstoffe (Stickstoff, Phosphor, Kalium und viele mehr) aus dem Boden. So muss der ständige Export von Nährstoffen aus dem Boden durch die Ernte aufgefüllt werden, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. In der konventionellen Landwirtschaft werden grosse Menge des angewandten Düngers entweder chemisch hergestellt (im Falle von Stickstoff) oder abgebaut (Phosphor und Kalium). Die Produktion von Stickstoffdüngern durch den Haber-Bosch Prozess erfordert eine riesige Energiemenge (ca. 1% des globalen Energieverbrauchs!) [9]. Und die leicht zugänglichen Ressourcen für Kalium und Phosphor sind begrenzt und konzentrieren sich in bestimmten Gebieten auf der Erde, so dass sie über lange Distanzen transportiert werden müssen.

In nachhaltigen Praktiken ist eines der Ziele, sich mehr auf lokale Ressourcen für die Düngung zu verlassen. Der Einsatz von Hofdüngern hat eine lange Tradition und wird oft mit mineralischen Düngern kombiniert. In gemischten landwirtschaftlichen Systemen mit Pflanzenkulturen und Tieren ist der Einsatz von Mist und Gülle ein guter Weg, um ein „Abfall“ -Produkt als Düngemittel zu recyceln. In landwirtschaftlichen Betrieben, die auf riesige Viehbestände spezialisiert sind, sogenannte feedlots,, sammeln sich sehr grosse Mengen an Hofdünger an. In diesem Fall stellen die Tierexkremente eher ein Problem als eine wertvolle Ressource dar. In einigen Ländern gibt es deshalb Vorschriften, die die Anzahl der Tiere pro Betrieb begrenzen und gemischte Landwirtschaftssysteme fördern, wo Dünger leicht auf dem eigenen Land recycelt werden kann [10].

Neben der Verwendung von Hofdüngern, ist eine weitere nachhaltige Praxis die Einbindung von Leguminosen (Hülsenfrüchten). Leguminosen haben die Fähigkeit, Stickstoff aus der Luft in einer Symbiose mit Rhizobia-Bakterien zu fixieren und müssen sich so nicht ausschliesslich auf die Stickstoffressourcen aus dem Boden verlassen. Daher werden Leguminosen häufig in Fruchtfolgen verwendet und tragen so einen wesentlichen Beitrag zur Stickstoffdüngung für nachfolgende Kulturen bei [11]. Auch beim Intercropping werden Leguminosen häufig eingesetzt, da fixierter Stickstoff auch für Pflanzen die gleichzeitig wachsen zur Verfügung gestellt werden kann [12]. Zusammen mit dem besseren Krankheitsschutz ist das Intercropping deshalb eine vielversprechende Technik für eine nachhaltige Landwirtschaft. Allerdings stellt es auch neue Anforderungen an die  Landwirtschaftstechnik und die Pflanzenzüchtung.

Der Einsatz von Hofdüngern und Hülsenfrüchten trägt also zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft bei, die Problematik des Nährstoff-Exportes durch die Ernte wird damit aber nicht entschärft. Abgesehen von Makronährstoffen, wie Stickstoff, benötigen Pflanzen auch Mikronährstoffe wie Eisen und Zink. Die Gehalte dieser Makro- und Mikronährstoffe in landwirtschaftlichen Produkten stehen auch im Zusammenhang mit deren gesundheitlichem Nutzen für uns als Konsumenten. Unsere Nahrung enthält also viele verschiedene Nährstoffe, die letztlich in der Kläranlage und unseren Gewässern landen. Um diesen Zyklus zu schliessen, wäre es notwendig, Nährstoffe aus den Kläranlagen aufzubereiten, um sie wieder als Dünger verwenden zu können. In Schweden gibt es zum Beispiel bereits Massnahmen zur Nährstoffaufbereitung aus menschlichen Exkrementen (mit Schwerpunkt auf Phosphor aus dem Urin) [13]. Allerdings ist es wichtig zu betonen, dass die Verwendung von Abwässern auch neue Herausforderungen stellt, denn neben den wertvollen Nährstoffen enthält es auch toxische Verbindungen wie Schwermetalle und organische Schadstoffe. Deshalb ist es wichtig die Forschung auf diesem Gebiet zu fördern, um geeignete Wege zu finden, damit die Nährstoffe wieder als Düngemittel verwendet werden können [14].

Dies war ein erster Überblick über einige Aspekte der nachhaltigen Landwirtschaft. In künftigen Beiträgen werde ich mich auf verschiedene Aspekte konzentrieren, darunter:

  • Intercropping
  • Düngemittel
  • Pflanzengesundheit
  • Diversität

Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe es hat Spass gemacht und Sie konnten etwas Neues lernen. Ich würde mich freuen wenn Sie den Artikel mit Ihren Freunden und Familie teilen, wenn er Ihnen gefallen hat.

Leben Sie bewusst 🙂

Christoph

Quellenangaben

[1] Lowder, S. K., Skoet, J. & Raney, T. The Number, Size, and Distribution of Farms, Smallholder Farms, and Family Farms Worldwide. World Dev. 87, 16–29 (2016).

[2] Locke, H. Smallholder farmers are the new global food frontier. The Guardian

[3] Organization, F. and A. Save and Grow: Maize, Rice and Wheat. (Food & Agriculture Organization of the United Nations, 2017).

[4] Hafner, S. Trends in maize, rice, and wheat yields for 188 nations over the past 40 years: a prevalence of linear growth. Agric. Ecosyst. Environ. 97, 275–283 (2003).

[5] Mollison, B. Permaculture: A Designers’ Manual. (Tagari Publications, 1988).

[6] Mostafalou, S. & Abdollahi, M. Pesticides and human chronic diseases: Evidences, mechanisms, and perspectives. Toxicol. Appl. Pharmacol. 268, 157–177 (2013).

[7] Lacey, L. A. et al. Insect pathogens as biological control agents: Back to the future. J. Invertebr. Pathol. 132, 1–41 (2015).

[8] Liebman, M. & Dyck, E. Crop Rotation and Intercropping Strategies for Weed Management. Ecol. Appl. 3, 92–122 (1993).

[9] Erisman, J. W., Sutton, M. A., Galloway, J., Klimont, Z. & Winiwarter, W. How a century of ammonia synthesis changed the world. Nat. Geosci. 1, 636 (2008).

[10] SR 916.344 Verordnung vom 23. Oktober 2013 über Höchstbestände in der Fleisch- und Eierproduktion (Höchstbestandesverordnung, HBV). Available at: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20130227/index.html. (Accessed: 5th March 2017)

[11] Anglade, J., Billen, G. & Garnier, J. Relationships for estimating N2 fixation in legumes: incidence for N balance of legume‐based cropping systems in Europe. Ecosphere 6, 1–24 (2015).

[12] Fustec, J., Lesuffleur, F., Mahieu, S. & Cliquet, J.-B. in Sustainable Agriculture Volume 2 (eds. Lichtfouse, E., Hamelin, M., Navarrete, M. & Debaeke, P.) 869–881 (Springer Netherlands, 2011). doi:10.1007/978-94-007-0394-0_38

[13] Cordell, D., Drangert, J.-O. & White, S. The story of phosphorus: Global food security and food for thought. Glob. Environ. Change 19, 292–305 (2009).

[14] Pathak, A., Dastidar, M. G. & Sreekrishnan, T. R. Bioleaching of heavy metals from sewage sludge: A review. J. Environ. Manage. 90, 2343–2353 (2009).

 

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